1880 - Die Gründung

Eine Kunst, die besonders im Wandel der Zeit steht, ist die Musik. Sie erfreute von jeher das Gemüt der Menschen. Eine besondere Entwicklung durchlebte die Instrumentalmusik im 17. Jahrhundert. Darunter standen die Blasmusikinstrumente an erster Stelle. Einzelspieler vereinigten sich später zu Kapellen, die sich immer mehr verbreiteten.
Als eine der ersten Kapellen auf dem Bodanrück kann sich der Musikverein Liggeringen bezeichnen. Ein Hinweis auf eine "Musikkapelle" ist in einer Notiz der Radolfzeller Zeitung "Freie Stimme" vom 20. Januar 1877 zu lesen.

Das Gründungsjahr des Musikvereins wurde jedoch auf das Jahr 1880 festgelegt. Zu den damaligen Musikern zählten Ludwig und Thomas Mietz, Bernhard Moser, Josef Bottlang, Bernhard Leitz, Reinhard und Wilhelm Fuchs, Karl-Josef und Ferdinand Meyer, Karl Seitz, Matthäus Brugger und Josef Straub.
Ihr damaliger Dirigent war Ludwig Mietz, sein Nachfolger Karl Meyer.
Dass sich diese Musiker ganz der Musik verschrieben hatten, bezeugt die Tatsache, dass sie jede Woche nach Nenzingen wanderten, um sich dort beim Gründer des Hegau-Musikverbandes Günther ausbilden zu lassen. Zitat aus der Ortschronik Liggeringen von der Ortsbereisung am 26.8.1880:

"Der Pfarrer beschwert sich beim Oberamtsmann, dass die Beschränkung der öffentlichen Tanzveranstaltungen in Liggeringen dadurch umgangen wird, dass sich bei jeder Hochzeit in den Wirtschaften jedermann zugelassen wird."

Welche Rolle dabei der Musikverein Liggeringen gespielt hat lässt sich jedoch leicht erahnen. Diese Kapelle bestand bis zum Jahr 1908. Dann folgten Jahre, in denen der Taktstock ruhte und die Töne schwiegen.

 

Das erste existierende Bild des Musikvereins Liggeringen von 1894

Zweiter Anfang mit Unterstützung der Liggeringer Feuerwehr

Im Jahr 1924 feierte die Liggeringer Musikkapelle ihre Auferstehung: Eine Neugründung wurde vorgenommen.
In die Reihen der Musiker traten damals ein:
Friedrich Seeberger, Karl Bader, Adolf Straub, Reinhard Meyle, Georg Braun, Friedrich und Wilhelm Weber, Friedrich Pfahlsberger, Anton Maier, Anton Bader, Josef Mietz, Josef Keller, und Josef Straub, der schon Mitglied des Musikvereins 1880 war. Die neugegründete Musik trug den Namen "Feuerwehrkapelle". Sie erwarb ihre ersten Instrumente von der Musikkapelle Sipplingen.

Mit Tanzmusik zur Kirchweih im Jahr 1924 trat die Feuerwehrkapelle zum ersten Mal in der Öffentlichkeit.
1926 wurde von der Gemeinde unter Federführung des damaligen Bürgermeisters Albert Rädin und dem Feuerwehrkommandanten August Winter eine Neuinstrumentierung vorgenommen.

Bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges spielte die Feuerwehrkapelle unter folgenden Dirigenten:
> Josef Eisen
> Madach Seeberger
> Josef Wehrle
> Friedrich Seeberger

Im 2. Weltkrieg gaben 3 Musikkameraden ihr Leben:
> Emil Straub
> Bruno Mietz
> Wilhelm Bader

 

Zweiter Anfang mit Unterstützung der Liggeringer Feuerwehr

Die Jugend - auch 1945 schon eine treibende Kraft

Die Wiederbelebung des Musikvereins Liggeringen ging nach dem 2. Weltkrieg seltsame Wege. Die ersten Schritte unternahmen Jugendliche, die sich zur Musik hingezogen fühlten. Sie entschlossen sich 1945 zu einer musikalischen Ausbildung. Zu diesem Zeitpunkt waren noch nicht alle Musikkameraden der Feuerwehrkapelle aus den Kriegswirren in ihre Heimat zurückgekehrt, was wohl auch der Grund war, dass sich noch keine Musikgruppe formiert hatte, und die musikalische Ausbildung jener Jugendlichen nicht in Liggeringen stattfinden konnte.

So mussten die Jugendlichen damals nach Allensbach zur Ausbildung, welche vom damaligen Leiter der Stadtmusik Radolfzell, Herrn Hotzig durchgeführt wurde.
Nach Aussage des Damaligen Zöglings Erwin Weber waren sie des Probens bald überdrüssig. Die Frage stellte sich: "Weshalb denn Musik lernen, wenn keine Kapelle da ist?!"
Diesem Problem nahmen sich 1946 Bürgermeister Weber und Friedrich Seeberger an. Kurz entschlossen wurden alle ehemaligen Musikkameraden, die bereits aus dem Krieg und der Gefangenschaft zurückgekehrt waren, angesprochen. Der Entschluss stand bald fest: "In Liggeringen wird es wieder eine Musik geben."

Der erste öffentliche Auftritt des "neuen Musikvereins" war der Weiße Sonntag 1946. In den Reihen der Erstkommunikanten befanden sich damals Willi Mautz und Herbert Bader. Der erst Auftritt begeisterte Willi Mautz damals so sehr, dass er in den Folgejahren nur einem Ziel folgte: "Do will i au na!" Beide damaligen Erstkommunikanten sind seit 1955 aktive Mitglieder im Musikverein Liggeringen.

 

Die Jugend - auch 1945 schon eine treibende Kraft

Littenweiler und Liggeringen

1947 trat Robert Benitz als aktives Mitglied in den Musikverein Liggeringen ein. Ihm hat es der Verein zu verdanken, dass damals eine Musikerfreundschaft zur Patenkapelle Freiburg-Littenweiler aufgeflammt ist. Das erste Treffen beider Vereine fand in Liggeringen zum "Hammeltanz" statt. Dies muss nach den Erzählungen der Ehrenmitglieder ein besonderes Ereignis auf der Wiese hinter dem Gasthaus Kranz gewesen sein.
Bei dieser Tanzveranstaltung war tatsächlich ein Hammel zu gewinnen. Die "Hammeltanzpaare" mussten sich im Kreis aufstellen und auf die Musik tanzen. Die Liggeringer und Littenweiler belustigten sich beim Tanzen so lange, bis ein Schuss viel und die Tanzmusikklänge verstummten.
Das Tanzpaar, das nun auf einer markierten Fläche stand, war das Siegerpaar. Wie es der Zufall wollte, war dies ein Littenweiler Paar.
Für den Hammel, der aus der Nachbargemeinde Langenrain kam, ging das Schicksal jetzt erst richtig los. Nach Liggeringen kam er in einem Mantel aus Dreck und Schlamm, aber nach Littenweiler sollte er geschniegelt und geschnagelt gehen. Gemeinsam wurde das Tier gebadet, einshampooniert und wieder getrocknet, bevor der Hammel in den Bus nach Littenweiler einsteigen durfte.
Vom Hammel hatten die Liggeringer nie wieder etwas gehört, von den Littenweiler jedoch immer wieder.
Dies war der Beginn einer langen Freundschaft...

Die 50er Jahre

Im Laufe der 50er Jahre wuchs die Zahl der Aktiven Musiker auf 29 Personen an, was den Verein immer aktiver werden ließ.

Die 5. Jahreszeit

Eine anstrengende Phase, die in heutiger Zeit kaum mehr in diesem Maße durchzuführen ist, war damals die Fasnacht für die Liggeringer Musiker.
Vom "Schmotzige Dunschdig" bis "Fasnät Dienschdig" waren die Musiker unterwegs. Tagsüber im Dorf und in den Häusern bei der Straßenfasnacht, abends beim Tanz in den Liggeringer Gasthäusern Germania, Adler und Kranz.

Theater in den Fünfzigern

Unterhaltung zu jeder Gelegenheit - Ebenfalls in den 50er Jahren bewiesen die Musiker, dass sie echte Vollblutkünstler sind. Neben der Musik praktizierten sie über Jahre hinweg zusätzlich die Kunst des Schauspiels. Zahlreiche Theaterstücke, wie "Der Freischütz", "Carmen" oder "Der Trompeter von Säckingen" und viele mehr wurden sehr aufwendig inszeniert.

Bedeutende Tage für Liggeringen 1953

Als ein sehr ereignisreiches Jahr erwies sich 1953. So trafen am 27. März 1953 die neuen Kirchenglocken in Liggeringen ein, bei deren Weihe der Musikverein die musikalische Umrahmung übernahm. Ein weiterer Höhepunkt des Jahres 1953 war der 26 Juli. An diesem Tag wurde das Können der Musiker mit einer neuen Uniform belohnt.

Bezirksmusikfest 1964

Samstag, den 27.06.1964

Nachdem das ganze Dorf festlich mit Triumphbögen, Blumen und Fahnen geschmückt war und das Festzelt stand, konnte das Volksfest der Blasmusik mit einem dörflich-familiären Festbankett, eingeleitet durch den Musikverein Liggeringen unter der Leitung von Friedrich Seeberger beginnen.
Präsident Adolf Straub begrüßte die Festgäste aufs Herzlichste. Der Gaupräsident Seyser ehrte einige Musiker für 40-jährige Zugehörigkeit zur Volksmusik. Eine ganz besondere Festgabe war die Mitwirkung des Harmonikaorchesters unter der Leitung des Musiklehrer Trummer aus Konstanz. Die Festdamen erfreuten die Anwesenden mit einem selbst einstudierten Tanz. Für die weitere Unterhaltung sorgte die Bürgermusik Reichenau.

Sonntag, den 28.06.1964

Schon in den frühen Morgenstunden versammelte man sich zum gemeinsamen Kirchgang, an dem sich der Festausschuss, die Festdamen, der Sportverein sowie die Feuerwehr beteiligten. Während des Gottesdienstes brachte die Jugendkapelle Konstanz einige Choräle zum Besten. Nach dem Gottesdienst fand die Kriegerehrung statt. Zum Frühschoppen spielte der Musikverein selbst. Zur Mittagszeit traf die Partnerkapelle Freiburg-Littenweiler ein.
Wegen verkehrstechnischer Probleme konnte der Festumzug nicht stattfinden. Nichts desto Trotz spielten mittags dann alle Bezirkskapellen nacheinander auf. Für die Abendstunden war ein bunter Abend vorgesehen, an dem die Festdamen und einige Künstler, bekannt aus Funk und Fernsehen, auftraten.

 Montag, den 29.06.1964
Für den Montag war ein Kinderfest vorgesehen, welches um 14 Uhr durch einen Kinderumzug durch das Dorf in Richtung des Festzelts eingeleitet wurde. Die Kinder sangen Lieder und machten Spiele, welche von den Herren Lehrern Merk und Marber einstudiert worden sind. Als Dankeschön gab es viel Applaus und eine heiße Wurst mit Brötchen. Außerdem waren die fünfzig ältesten Einwohner Liggeringens zu einem Freitrunk geladen.
Am Abend fand dann noch die Verlosung eines Glücksschweins statt, welches vom Festwirt Renno Stey gestiftet war und von Paula Leitz gewonnen wurde. Mit froher Stimmung ging das gelungene Fest denn dem Ende zu.

Die Achziger Jahre

Grundsteine für maßgebliche Veränderungen wurden Anfang der 80er Jahre durch den Ideenreichtum und den Idealismus der beiden Vorstände Hermann Leiz und Volker Pitzke gelegt. Zu einer ihrer größten Aufgaben gehörte die Organisation des 100-jährigen Jubiläums des Musikvereins Liggeringen im Jahre 1981.
Eine weitere Initiative war die verstärkte Öffentlichkeitsarbeit im Dorf, um den Verein für Jugendliche attraktiv zu machen. Unter dem Musiklehrer Bernhard Attinger durften die Jugendlichen Andreas und Michael Bader, Stephan Sam, Winfried Keller, Ralf Seeberger, Martin Hagmüller und Fabian Leiz eine professionelle Ausbildung genießen.
Als 1982 Erich Straub die musikalische Leitung übernahm, lag ihm die Jugendarbeit ebenfalls sehr am Herzen, was er mit Probenwochenenden und Ausflügen unterstrich.
Aufgrund dieses Einsatzes stieg die Anzahl des Nachwuchses stetig, das Spektrum der Instrumente erweiterte sich, weshalb auf Lehrer der Musikschule zurückgegriffen werden musste.
Nach kürzester Zeit zählte der Musikverein so viel aktive Musiker wie noch nie. Deshalb wurden 1983 auch neue Uniformen angeschafft.
In den weiteren Jahren brachte Erich Straub das musikalische Können des Vereins auf ein Niveau, welches dem Musikverein bei einem Marschmusikwertungsspiel 1989 den 1. Rang mit Belobigung einbrachte. 1989 war auch das Geburtsjahr des heutigen Dorffestes, welches damals in Form eines Maifestes veranstaltet wurde.

Der Musikverein geht auf Reisen

Erstmals durfte der Musikverein als Repräsentant der Stadt Radolfzell anlässlich der 675-Jahrfeier der Gemeinde Binz/Rügen vom 13. - 19. September 1983 auf Reisen gehen.
Zu einem großen Erlebnis des Musikvereins wurde die Fahrt auf die Insel Rügen, wo man die Stadt Radolfzell bei den Feierlichkeiten zur 675-Jahrfeier der Stadt Binz musikalisch vertreten hat.
Nach einer 15-stündigen Busfahrt kamen die Musiker in der von slowenischen Fischfängern gegründeten Stadt an der Ostseeküste wohlbehalten an. Nach einer herzlichen Begrüßung durch die Vertreterin der Kurverwaltung, wurden die Teilnehmer der Reise im Hotel Arkona untergebracht.
Die offizielle Eröffnungsfeier zum Jubiläumsfest am Ankunftstag fand im Saal Rügen des Hotels Arkona statt, wozu die Vertreter des Musikvereins Liggeringen und der Stadt Radolfzell geladen waren. Nach der Begrüßung durch die Bürgermeisterin der Stadt Binz gratulierte der aktive Musiker und Ortsvorsteher Hermann Leiz im Namen der Stadt Radolfzell zum Jubiläum.
Der 2. Tag stand den Musikern zur freien Verfügung und was sollte man da anderes tun, als die berühmten Kreidefelsen zu besuchen.
Die beiden folgenden Tage standen ganz im Zeichen der Musik. Dirigent Erich Straub und erster Vorstand Martin Stammler hatten zusammen mit der Kurverwaltung ein Programm ausgearbeitet, das alle begeisterte. Ein großer Lampionumzug, ausgeführt durch den Musikverein, Platzkonzerte, sowie auch spontane Auftritte in Gaststätten waren musikalische Höhepunkte. Der Festumzug durch die Binzer Innenstadt war dann der krönende Abschluss für die Liggeringer Musiker. Entlang des Umzugs gab es viel Beifall, da der Musikverein die einzige Musikgruppe, die am Festumzug teilgenommen hatte.
Zum Abschluss und Abschied dirigierte die Binzer Bürgermeisterin noch das "Badnerlied" vor vielen Zuhörern an der Strandpromenade. Mit unvergesslichen Eindrücken kehrten die Mitglieder des Musikvereins nach einer anstrengenden Rückfahrt nach Liggeringen zurück.

Das nächste Jahrtausend

1995 fand das Festival der guten Taten unter Mitwirkung aller örtlichen Vereine, zugunsten der Aktion Sorgenkind statt. Im selben Jahr übernahm Lars Pohle den Dirigentenstab und änderte die Musikrichtung. Durch seine Anregung wurde das Sommernachts-Openair-Konzert als 2. Musikalischer Höhepunkt neben dem Weihnachtskonzert, im Turnus von zwei Jahren, fest ins Programm aufgenommen.

1998 trat der Musikverein seine 2. Konzertreise, als offizieller Vertreter der Stadt Radolfzell, nach Istres/Provence anlässlich des "Fête de la musique" an.

1999 erwies sich als ein ereignisreiches Jahr.
Jochen Bußmann übernahm als neuer Dirigent die musikalische Leitung des Musikvereins Liggeringen.
In Gemeinschaft mit dem Musikverein Güttingen wurde das Niveau der Musikausbildung durch die Gründung des Vororchesters VOGLI, mit Alexander Burth als Dirigenten sehr angehoben.

Damit der Weg des Musikvereins Liggeringen für die Zahlreichen Aktivitäten gesichert ist, wurde zur Unterstützung der Förderverein ins Leben gerufen.